“Nur in unserem mathematischen Jahrhundert sind Stadterweiterungen und Städteanlagen beinahe eine rein technische Angelegenheit geworden, und so scheint es denn wichtig, wieder einmal darauf hinzuweisen, daß hiermit nur die eine Seite des Problems zur Lösung käme und daß die andere Seite, die künstlerische, von mindestens ebenso großer Wichtigkeit wäre. [...] Es ist auch nicht die Absicht, neuerdings in Klagen über die bereits sprichwörtliche Langweiligkeit modernen Stadtanlagen auszubrechen oder alles und jedes einfach zu verdammen und nochmal an den Pranger zu stellen, was auf diesem Gebiete in unserer Zeit geschehen. Eine solche bloß negative Arbeit muß allein dem Kritiker vorbehalten bleiben, dem ewig nichts recht, der immer nur verneint. [...] Also weder der historische noch der kritische Standpunkt soll hier in den Vordergrund gestellt werden, sondern es sollen alte und neue Städte rein kunsttechnisch analysiert werden, um die Motive der Komposition bloßzulegen, auf denen dort: Harmonie und sinnberückende Wirkung, hier: Zerfahrenheit und Langweiligkeit beruhen; und das Ganze zu dem Zweck, womöglich einen Ausweg zu finden, der uns aus dem modernen Häuserkastensystem befreit, die der Vernichtung immer mehr anheimfallenden schönen Altstädte nach Tunlichkeit rettet und schließlich auch selbst den alten Meisterleistungen ähnliches hervorbringen ließe.“ [Sitte, 1889, 2]
Das Forschungsfeld On Boundaries widmet sich dem Begriff der Grenze in der Architektur. Auf der Grundlage einer Übersicht zur Begriffsgeschichte und disziplinärer, sowie interdisziplinärer Literatur wie beispielshalber den Beschreibungen Arnold van Genneps in Les rites de passage veröffentlicht im Jahr 1909, beschäftigen wir uns mit einer Auswahl von Beispielen aus dem Wohnungsbau zwischen 1900 und 1930 und untersuchen diese Beispiele im Hinblick auf ihre Schwellensituationen. Methodisch baut das Forschungsfeld auf einer individuell zu entwickelnden, narrativen Beschreibung der Beispiele auf und wird ergänzt durch Neuzeichnungen in Form von Lageplänen, Schwarzplänen, Grundrissen, Schnitten, Ansichten und isometrischen Darstellungen. Grundlage für die Analyse der Beispiele ist die zur Verfügung gestellte Literatur die durch eigene Recherchen angereichert und ergänzt werden soll. Die Beispiele mit denen wir uns beschäftigen wandeln zwischen Formen der Gartenstadt und Siedlungsbau der frühen Moderne. Das Forschungsfeld fragt ganz generell nach dem Verhältnis von Haus und Parzelle, sowie den räumlichen Zusammenhängen der Siedlung. Wir fragen: Welche Vorstellung von Stadt ist in den jeweiligen Beispielen repräsentiert? Welche Rolle spielen Architekt, Bauherr, Baugesellschaft oder Baugenossenschaft oder die Städtische Administration? Unter welchen Bedingungen ist das Projekt entstanden, für wen war es gedacht und konnte das Ziel am Ende umgesetzt werden?
Das Forschungsfeld wird als 2er Gruppenarbeit angefertigt. Die einführende Vorlesung findet am 15.04.2021 um 15:30 Uhr statt. Es gibt eine Zwischenkritik und eine Schlusskritik zu der jeweils Gastkritiker eingeladen sind. Das wöchentliche Treffen findet Donnerstags zwischen 15:30 und 18:00 Uhr statt.
Wenn möglich, ist die Organisation in 2er Gruppen vor Beginn des Seminars wilkommen, sowie eine Überlegung zur Präferenz der Beispiele. Hierzu können Sie Kontakt aufnehmen unter: fkramer@raum.arch.rwth-aachen.de
Module: Forschungsfeld M.Sc._On boundaries – A narrative study on plots
Module Code: 20.00164
Semester: SS
Jahr: 2021