Geschichte, Theorie und Entwurf sind drei Begriffe einer Konzeption, die Architektur in Lehre und Forschung als Raumgestaltung mit dem Ziel vorstellt, den architektonischen Raum, den der Kunstwissenschaftler August Schmarsow in seinem berühmten Leipziger Vortrag von 1893 als "das Wesen der architektonischen Schöpfung" postulierte, in das Werk der Stadt zu setzen: Denn nur "(...) So", meinte der Wesensbestimmer, "erwächst aus dem Senfkorn ein Baum, eine ganze Welt um uns her. Raumgefühl und Raumphantasie drängen zur Raumgestaltung und suchen ihre Befriedigung in einer Kunst; wir nennen sie Architektur und können sie deutsch kurzweg als Raumgestalterin bezeichnen."
Schmarsows "Satz der Identität" bedeutet: Architektur ist Raumgestaltung! Sie ist in einer die Architektur im Wesen bestimmenden Bedeutung aufgefasst: Raumgestaltung fragt nicht nur nach den vielfältigen Relationen zwischen Material, Farbe, Proportion usw. und der Befindlichkeit des Menschen im Raum, sondern wirft die noch davor zu stellende Frage auf: Was ist Raum?
Die Gestaltung architektonischer Räume bezieht sich nicht allein auf das innere Gefüge des Hauses, sondern zugleich auf das der Stadt, und schon Schmarsows "Raumgestalterin", die Architektur, ist eine "Städtebauerin". Die Idee der Stadt ist der Schlüssel zu einer gedanklichen und anschaulichen Vorstellung architektonischer Räume, die von der Theorie in die Praxis, von der Konzeption einer Raumentwurfslehre zur Gestaltung einer Architektur der Räume führt...
[August Schmarsow, Das Wesen der architektonischen Schöpfung. Antrittsvorlesung, gehalten in der Aula der K. Universität Leipzig am 8. November 1893, Leipzig 1894]
PDF_Raumentwurfslehre, in: der architekt 6/2011
PDF_Raumlehre, in: der architekt 3/2008