”Auf der Via del Mare herrschte eine wundersam euklidische Luft, in der die beiden Geister, der scharlachrote und der smaragdgrüne, sich zu geometrischen Figuren formten. Ringsumher badeten von Scheinwerfern angestrahlten antiken Ruinen im Raum mit einem Wohlbehagen, einer Fülle, einer Ausgeglichenheit die wohl eher paradiesisch als geometrisch waren.”
Vgl. Pasolini, Paolo. Rom, Rom. Erzählungen. Berlin: Verlag Klaus Wagenbach, 2014. Der Originaltext ”Roma allucinante” erschien in La Libertà d‘Italia, Rom: 1951
Das zu Beginn aufgerufene Zitat von Pier Paolo Pasolini, das einem Sammelband seiner Essays über Rom entnommen ist, illustriert inwiefern sich eine genaue Beobachtung der vorherrschenden Gegebenheiten – seien es Personen, Dinge oder Architekturen – in einer atmosphärischen Zustandsbeschreibung des Momentes manifestieren kann. […] Die Beschreibungen von Pasolini sind Beobachtungen des Alltags und Wahrnehmungen der Atmosphären von Orten. Aus dem was dort ist – sei es zunächst etwas Altes oder etwas Neues – anderes zu formen, auch von dieser Sichtweise und Vorgehensweise erzählen seine Essays.
Wie sich eine solche Vorgehensweise beim Entwerfen und im Entwurf äußern kann, diese Frage stellte sich der Wiener Architekt Camillo Sitte, Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Wien und Autor des sehr erfolgreichen Buches mit dem Namen ”Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen”, das im Jahr 1889 erscheint. Sitte fordert darin die Berücksichtigung der vorhandenen Topografien und Landschaften bei der Entstehung neuer Quartiere. Er selbst schlägt in seinen Entwürfen die Einbeziehung vorhandener Charaktere vor, er nimmt sie auf und überformt sie, er transformiert sie so, dass sie eine Einheit ergeben mit dem was schon dort – an einem Ort – war und ist.
Das Forschungsfeld ”Formen des Existierenden” widmet sich dem Werk des Italienischen Architekten Saverio Muratori. Zwei Bauten stehen hierbei im Fokus des Seminars: La chiesa Parrocchiale ”S. Giovanni al Gatano” in Pisa und das Edificio in ”Largo Spartaco” im INA-Casa Quartier Tuscolano II in Rom. Das Seminar fragt auf welche Art und Weise sich die Eigenschaften des Ortes in den zwei Bauten wiederfinden, inwiefern die direkte und erweiterte Nachbarschaft reflektiert wird. Welches Verständnis von einem Ort liegt also den Bauten Muratori’s zu Grunde und welche Methode liegt dieser Herangehensweise an das Entwerfen zugrunde. Grundlage der analytischen Auseinandersetzung ist zum einen das Material aus den Archiven von Saverio Muratori und Matteo de Renzi, die sich in Modena und in Rom befinden. Darüber hinaus wird die Exkursion nach Pisa und Rom die Grundlage für weitere Beobachtungen bilden. Ziel des Seminars ist die Neuzeichnung der Gebäude, sowei die Anfertigung analytischer Zeichnungen zu den Fragestellungen des Seminars.
Organisatorische Hinweise:
Die Aufgabe wird in 2er oder 3er Gruppen bearbeitet. Wer sich bereits vor Beginn des Seminar als Gruppe zusammengschlossen hat, kann sich per Mail melden.
Die Vorstellung der Aufgabe findet am Mittwoch, den 29.09.2021 um 10:00 Uhr über Zoom statt: https://rwth.zoom.us/j/93336294749, Meeting-ID: 933 3629 4749
Die Ausgabe der Aufgabenstellung findet am 15.10.2021 um 10:00 Uhr über Zoom statt. Wer keinen Platz zugelost bekommen hat kann sich per Mail unter: fkramer@raum.arch.rwth-aachen.de melden.
Das erste Treffen findet am 18.10.2021 im R209 des Lehr- und Forschungsgebiets Raumgestaltung statt.
Die Exkursion nach Pisa und Rom findet in der Weißen Woche statt, organisatorische Fragen können vorab per Mail geklärt werden.
Module: Forschungsfeld M.Sc. – FORMEN DES EXISTIERENDEN – Zwei Bauten des Architekten Saverio Muratori. La chiesa Parrocchiale ”S. Giovanni al Gatano” e l’edificio in ”Largo Spartaco”.
Module Code: 20.00104
Semester: WS
Jahr: 2021/22