„Anderer Orten muß man das Bedeutende aufsuchen, hier werden wir davon überdrängt und überfüllt. Wie man geht und steht, zeigt sich ein landschaftliches Bild aller Art und Weise, Paläste und Ruinen, Gärten und Wildnis, Fernen und Engen, Häuschen, Ställe, Triumphbögen und Säulen, oft alles zusammen so nah, daß es auf ein Blatt gebracht werden könnte. Man müßte mit tausend Griffeln schreiben, was soll hier eine Feder! und dann ist man abends müde und erschöpft vom Schauen und Staunen.“
Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise, Rom, den 07.November, 1786-1788 / 1813 - 1817
Piazza dell’ Oro / Vicolo dell’ Oro
Die Piazza dell’ Oro liegt im westlichen Teil der römischen Altstadt in unmittelbarer Nähe zu Tiber in der Nähe der Engelsburg. Platzbestimmend ist die Fassade der Barockkirche San Giovanni Battista die Fiorentini. Das städtische Umfeld hat im Laufe der letzten 200 Jahre umfangreiche Veränderungen durch verkehrlich bedingte Durchbrüche erfahren. Das Erlebnis eines städtischen Raumes ist infolgedessen stark eingeschränkt. Ehemals gefasste Plätze sind heute räumlich unbestimmte Resträume neben den Verkehrsachsen des Corso Vittorio Emanuele II und der Via Acciaioli.
Historie
Im Zuge des zunehmenden Verkehrs in den Städten Ende des 19.Jhdt. wurde der Corso Vittorio Emanuele II zwischen 1883 und 1887 durch die mittelalterliche Altstadt von Rom gebrochen. Er sollte die Piazza Venezia mit dem Tiber verbinden und neben der Via del Corso in Nord-Süd-Richtung die wichtigste Verkehrsachse in Ost-West-Richtung durch die Altstadt werden. Für den Durchbruch der Straße waren erhebliche Abbrucharbeiten in den angrenzenden Quartieren notwendig. Bei der Planung wurden historisch wertvolle Gebäude wie Punkte auf einer Kette eingebunden und jeweils mit platzartigen Aufweitungen der Straße berücksichtigt. In der ursprünglichen Planung sollte der Corso über die Via del Banco di Santo Spirito Richtung Engelsburg und Tiber abknicken, 1887 wurde jedoch dann beschlossen die Straße linear gerade durch das Quartier bis zum Tiber zu führen und dort über eine neue Brücke auf die andere Tiberseite mit Anschluss an den Vatikan. In den folgenden Jahren bis 1911 wurde daraufhin die Ponte Vittorio Emanuele II errichtet. Am Tiberufer nimmt eine symmetrische Platzanlage die Brücke als Empfangsgeste auf und bildet so den Auftakt zum Corso. Bedingt durch die notwendigen Abbrüche der Straßenführung entstanden zwischen neuem Corso, der Via Paola und der Via del Consolato ungegliederte dreieckige Stadträume. Die Piazza dell‘ Oro ist zu diesem Zeitpunkt jedoch noch ein gefasster Platzraum. Im Weiteren wird zwischen 1939 und 1942 die Ponte Principe Amedeo Savoia Aosta errichtet. Die bisher weiter südlich verlaufende stählerne Hängebrücke wird abgebrochen. Bedingt hierdurch wird die Via Accaiaioli in gerader Verlängerung bis zum Corso Vittorio Emanuele durch das Quartier gebrochen. Die Piazza dell‘ Oro verliert ihre räumliche Fassung. Noch heute befinden sich an den angrenzenden Gebäuden die Spuren des Abbruches. Teilweise sind die Gebäude immer noch provisorisch abgestützt.
Entwurf ‚Formen der Rekonstruktion - Piazza dell‘ Oro‘
Untersuchen Sie die vorhandenen städtebaulichen Strukturen und Typologien der unterschiedlichen Räumlichkeiten der verschiedenen Jahrhunderte (Mittelalter, Renaissance, 19. und 20. Jhdt. Nutzen Sie hierzu das umfangreiche historische Kartenmaterial aus 4 Jahrhunderten. Analysieren Sie zudem die vorhandenen Außenräume auf ihre Räumlichkeit und die Beziehungen zur Stadt, insbesondere die verschiedenen Platzsituationen am Corso Vittorio Emanuele II und der Piazza dell‘ Oro in ihren unterschiedlichen Ausprägungen. Nehmen Sie hierzu alle historischen Stadtgrundrisse zur Hilfe, um sich über die räumliche Entwicklung des Ortes zu informieren und dieses Wissen in Ihre städtebauliche Lösung einfließen zu lassen. Analysieren Sie auch die Höhenentwicklung und die Fassadenstrukturen/-elemente an den umgebenden Gebäuden unterschiedlicher Erbauungszeit. Vier grundsätzliche Möglichkeiten der Verkehrsführung, eine pro Gruppe, dienen als Grundlage aller städtebaulichen Überlegungen. Klären Sie, welche Teile des Grundstückes bebaut werden, welche unbebaut bleiben und die jeweilige räumliche Situation nach Stellung der neuen zu entwerfenden Baukörper im Stadtraum. Nutzen Sie dazu die räumlich vorhandenen Typologien Gasse, Strasse, Platz, Vicolo, Hof etc. für Ihren städtebaulichen Entwurf. Legen Sie Schnitte durch die neuen Situationen und prüfen Sie die Räumlichkeit am Modell. Legen Sie Nutzungen für die einzelnen Bausteine Ihres Entwurfes fest und teilen Sie die Gebäude zur weiteren Bearbeitung im zweiten Semester unter Ihren Gruppenmitgliedern auf.
Entwerfen und vertiefen Sie die Gebäude im zweiten Bearbeitungssemester, das somit als Baustein der gewählten städtebaulichen Ordnung verstanden werden kann. Entwickeln Sie einen Bau, der sich räumlich, formal und in seiner Widmung angemessen in den mittelbaren und unmittelbaren stadt- und landschaftsräumlichen Kontext einfügt und als Haus der Stadt Rom verstanden werden kann. Wichtig sind zudem Aussagen zur Anbindung an den umliegenden städtischen Raum und die räumliche Vernetzung mit dem unmittelbar umschreibenden Quartier und der Gesamtstadt. Treffen Sie Aussagen zu Materialien und Farben beginnend vom städtebaulichen Maßstab der Fassaden bis in die Innenräume hinein als Teil der Gesamtkonzeption. Befassen sich Sie im Besonderen mit der Rekonstruktion der Fassaden im durch die Strassendurchbrüche verbliebenen Blockfragmente. Entwickeln Sie hierzu auf Basis Ihrer im Laufe des Semester durch die Vorträge gewonnenen Erkenntnisse über die 'Formen der Rekonstruktion' eine Haltung hierzu für Ihre neuen Gebäude.
Eine Vorstellung der Aufgabenstellung erfolgt durch das Lehrgebiet online per Zoom am Mi., 26.03.2025 um 11.00 Uhr.
An Zoom-Meeting teilnehmen:
https://rwth.zoom-x.de/j/62344489750?pwd=WIdRkZSFnyca2V3GcZWNvhfq4bvZBB.1
Meeting-ID: 623 4448 9750
Kenncode: 120268
Die Ausgabe am Di., 08.04.2025, 10.00 Uhr findet in unserem Lehrgebiet in Präsenz statt - nähere Informationen folgen, sobald die Zuteilung der Teilnehmer erfolgt ist. Bei diesem Termin wird die Aufgabenstellung erläutert, können Rückfragen gestellt werden und erfolgt dien Gruppeneinteilung.
Dem Entwurf zugeloste Studierende müssen an dieser Veranstaltung teilnehmen. Nicht in Anspruch genommene Plätze werden ggf. direkt an Nachrücker vergeben.
Die Bearbeitung erfolgt im Sommersemester 2025 in 4-5er Gruppen zur Erarbeitung des Masterplanes und wird im Wintersemester 2024/2025 als Einzelarbeit fortgeführt.
Die Betreuungen erfolgen in Kolloquienform für alle Gruppen im 14-Tages-Rhythmus jeweils meistens Dienstags (siehe Termine).
Ergänzend zum Entwurf als Teilleistung Seminaristische Ergänzung wird eine Vortragsreihe zu 'Formen der Rekonstruktion' im Sommersemester 2025 durchgeführt.
Module: M2, FORMEN DER REKONSTRUKTION, Piazza dell' Oro, Rom
Module Code: Projekt M2 Architektur 2019 - LV.NR. 21.00321
Semester: SS
Jahr: 2025