Hundert Jahre Via Sacra, Köln 1950-2050. Ein II. Vorentwurf
I. Vorentwurf [1950[1]]
In seinem Rückblick auf die Ursprünge der Baugeschichte der Stadt Köln beschreibt Rudolf Schwarz 1950 in seinen vorentwurflichen Erläuterungen für „Das neue Köln“ den chronologischen Gestaltwandel der Stadt. Im frühen Mittelalter sei die Stadt über das „starre Schema“ des römischen Städtebaus hinausgegangen und in der Form eines Halbkreises, die große Krümmung des Rheins wiederholend, mit der umgebenen Landschaft verwachsen: „Schließlich hebt sich ganz deutlich der mittelalterliche Mauerring hervor, der den Stadtkern weit draußen umzog und ihm so einen breiten Gürtel von Obst- und Weingärten beifügte, in dem, an einer via sacra aufgereiht, die großen Stifte lagen.“[2]
Seinen Erläuterungen fügt Schwarz eine diagrammatische Zeichnung bei, die das mittelalterlich Bild des heiligen Kölns summarisch vereinfacht darstellt. Der bogenförmige Weg, welcher sieben der großen romanischen Kirchen Kölns verbindet, und den Schwarz in seinem Vorentwurf als „Via Sacra“ bezeichnet, ist in der Zeichnung mit der farbigen Darstellung der Gärten prägnant als ländlicher Prozessionsweg vor der alten Stadt aber noch innerhalb der mittelalterlichen Mauer Kölns herausgearbeitet.
Diese inneren Ländereien der Stifte und Klöster wurden erst mit der Säkularisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts und der in der Nachfolge ab den 1840er Jahren einsetzenden Bodenspekulation Zug um Zug für eine Erweiterung der städtischen Bebauung freigegeben. Das sich entwickelnde unregelmäßige Straßen- und Wegenetz verdankte sich vielfach den eigentümlichen Grenzen der vorhandenen Gartengüter. Zur Übernahme der Straßen in das öffentliche Netz der Stadt mussten von den privaten Unternehmern Mindestanforderungen der Erschließung eingehalten werden, die unter anderem auch eine Straßenbreite von 30 Fuß vorsahen, zu der auf beiden Seiten ein 4 Fuß breites Trottoir gehörte.[3]
Der auf die Lage von Kirchen und Ländereien zurückgehende stadträumliche Charakter wurde mit den großen Straßendurchbrüchen der Nachkriegszeit tiefgreifend verändert.
II. Vorentwurf [2012]
Die aus der Geschichte der Stadt Köln resultierende räumliche Konstellation der sieben romanischen Kirchen ist gegenwärtig von einigen Blickbeziehungen abgesehen nur noch sehr eingeschränkt erfahrbar. Von einem ausgezeichneten Weg als Via Sacra, der im Stande wäre, die Sakralräume zu verknüpfen und an die Stadträume zurückzubinden, sind in der gegenwärtigen stadträumlichen Gemengelage nur wenige Anhaltspunkte vorhanden oder auch erhalten geblieben.
Mit dem II. Vorentwurf zu einer phänomenalen Umsetzung soll der Idee des I. Vorentwurfs von Rudolf Schwarz Rechnung getragen werden. Dabei gehen die Vorschläge weniger auf die großen Sakralbauten selbst ein, als vielmehr auf deren räumliche Verknüpfung untereinander und deren Rückbindung an die städtischen Räume, mit anderen Worten: Der Vorentwurf handelt von der Raumgestaltung des ausgezeichneten Weges als Via Sacra. Auch wenn hier im Rahmen des Kölner Workshops anlässlich der Plan 12 nur die Station und das Gebiet um St. Aposteln zur exemplarischen Darstellung kommen, sind die Vorschläge gleichwohl auf den vollständigen Weg der Via Sacra hochgerechnet vorzustellen: Nur eine einheitliche Raumgestaltung des gesamten Weges vermag den anschaulichen Verbund der großen Sakralräume herzustellen. Unter dieser übergeordneten Idee des ausgezeichneten Weges in der Stadt erfolgt die Deskription der räumlichen Interventionen in exemplarischen Darstellungen für das Umfeld von St. Aposteln und verallgemeinernd in der begrifflichen Form einer ideellen Satzung für die durchgängige Raumfolge des Weges. Nicht von heute auf Morgen und nur in Gemeinschaft von öffentlicher und privater Hand ist eine solche umfassende stadträumliche Idee in die Tat umzusetzen. Daher ist die Satzung als Vorentwurf auf eine weitere Zukunft ausgelegt: 2050 – Hundert Jahre Via Sacra als Idee: „Städtebau ist vierdimensionale Aufgabe, er braucht die Dimension der Geschichte.“[4]
[1] Rudolf Schwarz, Das neue Köln – Ein Vorentwurf, in: Das neue Köln, Stadt Köln (Hg.), Köln 1950, S. 3-64.
[2] Ebd., S. 3.
[3] Vergl. Köln 1815, in: Köln in historischen Stadtplänen. Die Entwicklung der Stadt seit dem 16. Jahrhundert, Kommentar von Reiner Dieckhoff, Paul von Naredi-Rainer, Werner Schäfke und Heiko Steuer, Berlin 1995.
[4] Schwarz 1950, S. 23.
Autor: Uwe Schröder, Carlo Moccia
Titel: Hundert Jahre Via Sacra Köln 1950-2050. Ein II. Vorentwurf
Sammelband/Zeitschrift: , in: Haus der Architektur Köln (Hg.), Via Sacra Köln. Ein Pilgerweg der anderen Art, Katalog zur Ausstellung v. 19. Febr. bis 22 März 2013 i. d. Industrie- und Handelskammer zu Köln
Band: Edition hdak Band 5
Ort: Köln
Datum: 2013
Seite(n): S. 21 - 25
Anmerkung: Mit einer Dokumentation des Ausstellungsbeitrages
PDF_Hundert Jahre Via Sacra Köln. Ein II. Vorentwurf